EllasNepal

2.3. - 17.4.2010



Dienstag, 20. April 2010

Einladung nach Abu Dhabi

...ein neuer Aufenthaltsort, ein neuer Blog....

http://el-scheich-la.blogspot.com

Samstag, 17. April 2010

komm, ich such mir einen Scheich...

lang lang ist's her, dass es was Neues zu lesen gegeben hat hier. nun, woran das liegt, erzaehle ich besser mal bei einem gemuetlichen zusammentreffen, wenn es denn interessiert. die gute nachricht jedenfalls ist, dass es uns im grossen und ganzen gut geht. nur, dass wir jetzt kurz mal land und kultur gewechselt haben.
ABU DHABI, eine Stadt aus tausend und einer Nacht. und wir sitzen hier fest, hoffentlich nicht so lange wie eben erwaehnt. Die Fluege nach Europa sind gestrichen. Mal sehen, wie lange wir hier noch ausharren duerfen. Man haelt uns mit einer luxurioesen Unterkunft, gutem Essen und dem kristallblauen Golf von Arabien bei guter Laune. So naemlich ist das also.
Gerade kam die Nachricht, dass wir, wenn wir Glueck haben, zwei Naechte hier bleiben, wir sollen uns aber eher auf einen mehrtaegigen Aufenthalt einstellen. Unser Visum gilt 30 Tage, ich hoffe, das reicht.
Salaam alleikum.

Donnerstag, 25. März 2010

mobile clinic health camp

frueh morgens um halb fuenf mache ich mich auf den Weg auf die andere Seite von Lakeside, um auf der Ladeflaeche eines kleinen Transporters ueber nepalesische Schotterpisten zu einem health camp zu fahren, bei dem Menschen medizinisch versorgt werden, die sonst keinerlei Zugang zur Medizin haben. Noch vor Sonnenaufgang fahren wir los, die Luft ist an und fuer sich angenehm kuehl, die Strassen dunkel und ruhig. Der Fahrtwind ist schneidig und ich bin froh, hinter dem Fahrerhaeuschen den Windschatten ausnutzen zu koennen. Nur meine Fuesse haengen ueber die Bruestung und geniessen die Freiheit. Insgesamt zu siebt, auf der Ladeflaeche zu dritt, duesen wir aus dem Dunkel der Nacht in den grauenden Morgen, verlassen die Stadt gen Westen. Sobald der Tag Oberhand ueber die Nacht gewinnt, sind etliche Nepalis diszipliniert am Wer. Fruehsport. Kein Witz. Sie gehen joggen oder machen Kraeftigungsuebungen an der Schlucht des Khali Gandaki, dem Fluss, dessen Lauf wir ca 5 h lang verfolgen. Majestaetisch erhebt sich der Mt. Fishtail, dessen 2-gespaltene Spitze wir erstmals ausserhalb der Stadt wahrnehmen. Ich kann kaum wiedergeben, was ich sehe oder fuehle, ich kann nur mehr staunen. Tief hat sich der blaue Fluss in schroffen Fels gegraben, die Strasse folgt dem kurvenreichen Lauf des Gewaessers. Die Sonne taucht die Annapurna mountain range in sanftes gold, mein Haar tanzt zur Musik, die der Wind spielt, waehrend die steten Schlagloecher den Rhythmus vorgeben. Es sieht so einfach und entspannt aus, wenn Nepalis auf den Daechern der voellig ueberfuellten Busse liegen. Bereits jetzt merke ich, dass es ein Ganzkoerpertraining ist, wenn ich mir mein Steissbein nicht voellig verprellen moechte. Puenktlich zum Sonnenaufgang gelangen wir zur hoechsten und laengsten (151 / 344 m ) Haengebruecke des Landes, wo wir gemeinsam mit Affen, die Bananen essen, den Sonnenaufgang geniessen. In Beni steigen noch weitere Mediziner zu, so dass wir den Rest der Fahrt, immerhin noch 2 h, nicht mehr so gemuetlich rumlungern koennen: Tobi, Paul und ich stehen au8f der LAdeflaeche, die anderen 5 sitzen, waehrend wir inzwischen nur noch auf Sandpisten durch sagenhaftes Land fahren. Unsere von Staub der Strasse aschgrau eingefaerbten Gesichter, Haare, Jacken... stehen im krassen Gegensatz zum schreienden Gruen der Felder. Jetzt hat mich das Land ganz fuer sich gewonnen. Diese Fahrt ins abgelegene Hinterland ueberzeugt mich. Die kraftvolle, pure Schoenheit dieses schroffen und gleichsam sanften Landschaftsbildes vereinnahmt mich ganz.
In sengender Hitze erreciehn wir den Ort, in dem in der Schule das Health Camp aufgebaut worden ist. In den Klassenzimmern sind verschiedene Stationen vertreten, im Schulhof stehen die Menschen in langen Schlangen und warten auf Behandlung, die heute fuer jedermann kostenfrei ist. Mit mehr als 1000 Menschen rechnen die Organisatoren. Das ganze Projekt wird u. A. aus EU-Geldern co-finanziert. Innere, Chirurgie, Gyn, HNO, Orthopaedie, Paediatrie und eine Apotheke gibt es. Die Doktores untersuchen auf aus Schulkbaenken improvisierten Liegen; durch die Fenster der Klassenzimmer luken neugierige Kinderaugen. Im Grunde eine schoene Idee, nur glaube ich, dass diese Aktion eher einen "kosmetischen Aspekt" bedient, denn mehr als Aufnahme der Krankengeschichte, Schmerz- und Vitamintabletten und die Empfehlung, im Krankenhaus in Pokhara eine Roentgenaufnahme oder ein Blkutbild anzufertigen, kann auch hier fuer die Menschen nicht getan werden. Ich als Aerztin faende das glaube ich sehr unzufriedenstellend. Ein wenig wirkt es auf mich auch wie ein Triage-Training fuer die MEdiziner, die versuchen, aus dieser Masse an Patienten die "Spreu vom Weizen" zu trennen, also zu erkennen, wer tatsaechlich Hilfe braucht und wem diese auch zukommen kann in diesem Umfeld.
In meinen Augen fehl am Platz aber typisch Nepali-freundlich werden wir deutschen "Aerzte" namentlich einzeln auf eine Buehne gerufen und bekommen als Dank fuer unsere "Arbeit" eine Tika (dieser rote Punkt auf der Stirn) und einen beigen Schal und Blumenkranz umgebunden, waehrend die Patientenmenge unaufhoerlich klatscht. Ich fuehle mich sehr unwohl und bin froh, als wir das Camp nach gut 3 h wieder verlassen. Auch wenn mir das "free riden" auf dem Transporter Spass macht (das hat so was Wildes, Verwegenes...), graut mir vor der Rueckfahrt. So anstrengend, so lang, so holperig, so staubig, so heiss, so eng. Die Aussicht auf sagenhaft schoene Landschaft haelt meine Stimmung hoch, und mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang zwischen den Serpentinen des Khali Gandaki Tales verabschiedet sich dieser Tag und der Mond, der wie eine Schuessel am Himmel haengt, uebernimmt das Zepter. Um kurz nach 7 erreichen wir Pokhara und totmuede schleppe ioch mich nach Hause zu Sophie, die wegs Krankheit daheim geblieben war - wohlweislich.
Bis zu Sophies Genesung sollte es uns noch ein wenig abenteuerlicher Anstrengung benoetigen, inzwischen sind wir aber beide wohl auf und konnten die letzten 3 Tage ueber im Dschungel des Terai Kraft tanken, um morgen unsere Wanderung um das Annapurna Gebirge zu starten. Meine Eindruecke von Rhino, Elefanten und anderem Getiere gibt es also fruehestens in 2 Wochen.
Bis dahin wuenscht uns Glueck, dass wir die Tour schaffen...
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Mittwoch, 17. März 2010

Wieder einmal sitze ich auf dem Balkon, den See und Wasserbueffel im Blick. Inzwischen kann ich diese Ruhe auch wieder geniessen, da Sophie deutlich auf dem Weg der Besserung ist - si hatte die letzten 60 Stunden stark mit Uebelkeit und Erbrechen zu kaempfen. Wenngleich es mir auch sehr Leid tat fuer sie, es war dennoch schoen festzustellen, wie unsere "home community" mitfuehlt. In unserem Stamm-Restaurant erkundigten sich die Betreiber nach ihr und wollten mir Obst fuer sie mitgeben. Unser Flur-Nachbar, der kurz zuvor Selbiges durchmachte, besorgte und Ringer-Loesung, Kanuele und Schlauch aus der Apotheke (so weit kam es Gott sei Dank nicht, aber uns war klar, dass wir, sollte es notwendig werden, die parenterale Rehydratation hier im Hostel vornehmen wuerden, wir kennen ja schliesslich das Krankenhaus...).
Fuer mich bot sich die Gelegenheit, nepalesische Apotheken abzuklappern nach Antiemetika. Zunaechst dachten wir an MCP, wobei wir die Motilitaetssteigernde Wirkung nicht so super fanden - auf den Klos hier will man nicht so wirklich lange und viel hocken. Also fragte ich nach Vomex (Dimenhydrinat). Das jedoch gibts hier nicht. Der Apotheker wollte mir Perazin, ein Neuroleptikum, mitgeben. Damit war ich nciht so ganz einverstanden, weil mir dieses Einsatzgebiet fuer diese Medikamentenklasse so unbekannt vorkommt. Schliesslich kamen wir bei Ondansetron ueberein. Die Rezeptpflicht, die bei uns dafuer herrscht, faellt hier mal schlichtweg unter den Tisch - hier gibts eigentlich alles "over the counter". Dazu noch leckere WHO-Elektrolyt-Loesung und viel, viel Schlaf fuer's Oeppelchen, die ihr Lieblingsgericht, dall bhat, erstmal nicht mehr essen moechte. Inzwischen ist sie wieder wohl auf, toi toi toi.
Waehrend ich hier so sitze und schreibe kamen die Frauen der Familie, die unser Haus betreibt, auf den Balkon, um von hier aus Papayas vom nahe stehenden Baum zu ernten. Mit einem Bambus-Stecken wird der 'Hals' ruckartig durchstossen. Ich bat - ehrlicher Weise mehr aus Neugierde als aus Naechstenliebe- meine Hilfe an und schubste also Papayas vom Baum. Die "Fruechte meiner Arbeit" durfte ich wenig spaeter auch geniessen, die Familie brachte mir ein geschaeltes Stueck. Im Uebrigen braucht man sich nicht um das Wohl der Fruechte sorgen, wenn diese aus ca 5 m Hoehe auf den Boden fallen. Sie zermatschen nicht, weil sie weich von den Hanfpflanzen aufgefangen werden, die hier ueberall im Garten wachsen :-)
Am Tag vor Sophies Uebelkeit begaben wir uns auf einen wunderschoenen Weg zum Pokhara view tower, im Nordosten der Stadt, in 1390 m Hoehe gelegen. Ausgangspunkt war ein buddhistisches Klosten am Rande der Stadt, am Ende der Fleischer-GAsse. In der Fleischer Gasse hockten ueberall Maenner, die Bueffel in Kleinteile zerlegten und uns mit ihren zahnlosen Muendern angrinsten. Allein das Kloster war schon ueberwaeltigend. Dieser bunte, mit unzaehligen Figuren verzierte Bau, der ueber der Stadt trohnt, all die Moenche in ihren rot-gelben Jutten - beeindruckend. Von dort aus schlaengelte sich unser Weg also mal durch Wald, mal durch Bergdoerfer, mal durch die pralle Sonne. Imer aufwaerts, Richtung Fishtail. Unbeschreibliche Anblicke auf Reis-Terassen, Banananstauden, Mango-, Pfirsich-, Papayabaeume, Kuehe, Ziegen... Ein Nepalese, der uns unterwegs begegnete, sprach uns auf Deutsch (!) an, was wir denn heute noch vorhaetten. "Wir erkunden die Gegend. Und wie sieht Dein Plan aus?" -"ich habe nichts vor. Bei uns ist jeden Tag wie Weihnachten". Aah.Das erklaert das viele Rumgehocke der Menschen hier. Aber mal Spass bei Seite. Der Punkt ist, dass hier eine so hohe Arbeitslosigkeit herrscht, dass den Menschen oft nichts uebrig bleibt, als ihre Zeit abzusitzen. Mein Blick in die hiesige Zeitung Republica verdeutlichte dies. Top-Themen sind die INflation und die steigenden Preise fuer Nahrungsmittel, ausserdem eine Cholera-Epidemie, die den Sueden NEpals heimsuchte. ach ja, und Tierschuetzer (!) machen mobil gegen ein BRauchtum, bei dem rohes Yak-Blut getrunken wird. Man solle sich mal vorstellen, wie man selbst sich fuehle, wenn einem die Hauptvene durchtrennt wuerde, damit daraus Blut gezapft werden koenne. Der letze Satz des 3-spaltigen Artikels fuehrte dann auch noch an, dass es ausser Qualen fuer das Tier doch auch fuer den Menschen nicht ganz so heilsbringend sei,wie gedacht, wenn man das rohe Blut der Tiere trinke. Danke, Tierschuetzer!

Montag, 15. März 2010

Wie ein Faehnchen im Wind...

oder eben an Stelle eines Faehnchens Handschuhe oder OP-Abdecktuecher, die froehlich vor sich hin trocknen. Alltag im Western Regional Hospital. Wir bestreiten unsere Famulatur auf der Gyn + Geburtshilfe, die durchaus Zuege einer Massenabfertigungsanlage hat. So viele Schwangere. Es gibt ein Programm in Nepal, mit dem die Frauen zur Geburt ins Krankenhaus gebracht werden sollen, um Infektionen und Mortalitaet sowohl der Kinder als auch der Muetter zu senken. Somit sind alle Entbindungen, die wir sehen, seien es Kaiserschnitte oder "normal deliveries", vom Staat bezahlt und die Muetter bekommen noch 1000 Rupien, wenn sie das Krankenhaus wieder verlassen.
So schockierend ist das Haus im Uebrigen nicht (zumal wenn man rumaenische KHs kennt...). Nur der Umgang mit den Patientinnen erscheint uns doch sehr grob, da wird gerne mal ein Schlag auf den Kopf oder Ruecken gegeben, wenn eine 19 jaehrige Erstgebaerende Angst vor dem anstehenden Kaiserschnitt hat. Und auch AUfgabenverteiloungen sind anders als zu Hause: Die Familie uebernimmt hier viel mehr die Pflege der Patienten, Schwestern erledigen eher den buerokratischen Aufwand. An einer Wand haengt ein Schild, auf dem die Hierarchie der versch. Kasten nochmals fuer jedermann nachlesbar ist. Zunaechst sind da die Dalits, dann folgen andere "underpriviledged". Irgendwo abseits tauchen auch Moslems auf. Welche Auswirkungen das konkret auf die Versorgung der Menschen hier hat, bleibt uns jedoch unklar.
Sophie und ich halten uns meist im Aufnahmeraum auf, wo wir per Bauch-Abtasten die Lage des Kindes im Mutterleib bestimmen und ab und an auch den Fortschritt der anstehenden Geburt ertasten koennen. Das ist durchaus lehrreich. Und ist in der Aufnahme mal kurz Verschnaufpause angesagt, schauen wir im Kreisssaal bei Entbindungen zu. Da geht's meist ganz schoen ab. Schon erstaunlich, dass Muetter ihre Kinder lieben koennen nach solchen Qualen. Etliche Muetter erleiden Dammrisse oder es wird ein Dammschnitt gesetzt, ohne oertliche BEtaeubung.
Mittwochs und Sonntags stehen die OPs der Gyn+ Geburtshilfe fuer elektive Eingriffe zur Verfuegung. Auch hier ist es anders als daheim; nach erfolgter Entbindung wird schnell der Boden durchgewischt, wenn allzu viel Fruchtwasser oder Blut auf dem Boden gelandet ist, die naechste Patientin wartet derweil an der Tuer. Eine Frau hatte nach Inzision nach Pfannenstiel einen Blutdruckabfall auf 69/35. Bitte, lehre mich jemand, was man bei uns taete? Ich denke da spontan an Epinephrin, Dopamin...? Hier lautete die Devise watch&wait, ca 8 Minuten. DAnn war die Didi (=hoefl. Anrede fuer Frau) wieder stabil und es ging weiter.
Wir versuchen, uns unsere KH Alltag noch ein wenig spannender zu gestalten, indem wir auch andereStationen erkunfen. Auf der Radiologie konnten wir ein paar Schwangerschafts-Ultraschalls mitverfolgen. Bei einer Frucht waren die Genitalien ziemlich gut zu erkennen. Dies teile man jedoch den werdenden Muettern nicht mit, da Maedchen kaum erwuenscht sind und man irgendwelche "Komplikationen" dadurch vermeiden moechte... (Nebenbei, immerhin wurde bereits Anfang des 20. Jhdts. der Brauch abgeschafft, Witwen lebendig mit ihrem Mann zu verbrennen.)
Im Grossen und Ganzen ist es so, wie ich es erwartet hatte: voll, Familien-betrieben (die Angehoerigen waschen, bringen Essen, melden Auffaelligkeiten...), re-capping und re-using ist normal, Sauberkeit wir neu definiert, aber letzten Endes funktioniert es. In Patientenakten wird uebrigens nebst Name und Geburtsdatum auch die Kaste notiert. Alle Schwangeren werden auf HIV getestet. Und all der PApierkram, der so anfaellt, wird nicht vom KH aufbewahrt, sondern vom PAtienten, der die Sachen beim naechsten Aufenthalt wieder mitbringt.
Nachmittags verbringen wir die Zeit druassen, schlendern durch die Stadt und geniessen Momos (sehr leckere, leicht scharf gewurzte Teig-Taschen) oder Chowmein (gebratene Nudeln), Samosas oder oder oder... Oder erkunden die naehere Umgebung. Ein Ausflug hat uns ans andere Seeufer gebracht, auf dessen Bergruecken die "wolrd peace pagoda", eine buddh. Gebetsstaette, ruht. Ein wundervoller Aufstieg durch subtrop. Wald, an dessen Ende wir Ueberblick ueber Pokhara erhielten. Ganz schoen gross, die Stadt. Erstmals auch erblickten wir Affen in freier Wildbahn. Wir beiden Angsthasen haben jedoch fluz die Beine in die Hand genommen, als diese Tierchen sich uns naeherten... Im Nachhinein ziemlich witzige Vorstellung, wie wir so durch die Gegend spurten...
Am Rueckweg kamen wir wohl ein wenig vom rechten Pfad ab. Letztendlich konnten wir vor Einbruch der Dunkelheit das Terrain eines der Top-Hotels der Stadt durchqueren, um wieder sicher nach Lakeside zu gelangen. Sehr freundlich.

Mittwoch, 10. März 2010

Paradise?!

Nepal ist mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 388 US-Dollar des ärmste Land der Region und eines der ärmsten Länder der Welt. Rund 50% der Erwachsenen sind Analphabeten. Nepal ist noch immer ein weitgehend von Subsistenzwirtschaft geprägter Agrarstaat. Die Landwirtschaft beschäftigt 68% der Erwerbstätigen und trägt mit 38% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das größte Entwicklungspotenzial des Landes ist die bisher weitgehend ungenutzte Wasserkraft. Auch der bereits florierende Tourismus birgt noch großes Wachstumspotential. Weitere Potentiale bieten hochwertige (Kunst-) Handwerksprodukte und die Industriestandorte nahe der indischen Grenze. 90% aller Unternehmen des Landes sind Kleinbetriebe, die einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung leisten, aber nur 4% zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.

Eine - abgesehen vom Terai-Tiefland im Süden - äußerst ungünstige Topografie und Siedlungsstruktur sowie die mangelnde Erschließung durch Verkehrswege erschweren die Entwicklungsanstrengungen, besonders für die Bergregionen.

Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren real zwischen 2% und 4% und war damit zu niedrig, als dass die Armut hätte substanziell reduziert werden können. Die Weltwirtschaftskrise trifft Nepal mit Verzögerungen und wirkt sich über enge Verflechtungen zu Indien und die hohe Abhängigkeit der Wirtschaft von den Rücküberweisungen der im Ausland lebenden Nepalis aus. Die Inflation zeigt eine steigende Tendenz und liegt aktuell bei etwa 13%. Das Investitionsklima leidet vor allem unter den Unruhen im Terai, gesetzlicher Überregulierung, den umfangreichen Stromausfällen (saisonbedingt bis zu 16 Stunden täglich), der schwerfälligen Bürokratie sowie unter Defiziten in Infrastruktur und Ausbildung. Ausländische Direktinvestitionen machen nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Kapitalstock aus. Ein Drittel des Staatshaushaltes wird von der Gebergemeinschaft per Entwicklungshilfe finanziert. Politische Instabilität und gesetzliche Restriktionen schrecken ausländische Investoren ab. Der Staatshaushalt schließt chronisch mit hohen Fehlbeträgen. Der Stand der internen Verschuldung und der daraus resultierende Schuldendienst, beide mit leicht steigender Tendenz, könnten Anlass zur Sorge bieten.

Quelle: auswaertiges Amt

Stadterkundung

Ziemlich schnell verlassen wir auf dem Weg nach old Pokhara die touristic zone, die extra durch ein Schild und Hup-Verbot gekennzeichnet ist. Ich kann schon verstehen, warum sich nicht allzu viele (bis gar keine) Touris dorthin begeben. Das PAradies ist doch vollkommener (kann man 'vollkommen' eigentlich steigern, ich meine sinnvoll?!), wenn man all die Blechhuetten und den Dreck im Bach nicht siehht. Von allen Seiten rufen uns Kinder "namaste" oder "hello" entgegen und lachen. Die ganz kleinen schauen ein wenig scheu hinter dem Knie der Mutter vervor, an deren Stelle grinst dafuer die Mutter.
An einer Kreuzung entdeckt Sophie einen Barber fuer gents & ladies, so dass ich eine alten Tradition gerecht werden konnte: Haareschneiden im Ausland. Einsatz: ein bisschen Mut, ein bisschen Sitzfleisch (eine ganze Horde Kinder war vor mir dran), und 50 Rupees. Was ich dafuer bekam? Den typischen Nepali-Schnitt, zeitlos: man kaemme die Haare alle radiaer vom Mittelpunkt des Kopfes weg und schneide dann alle ab. Am Ende sind sie gleich lang und ihr Ende so gerade wie vom Stapler abgetrennt. Sophie fand derweil heraus, dass die gruenen Bananen hier besser schmecken als die gelben.
Eine Familie war damit beschaeftigt, Stroh, das vor dem Eingang zu ihrem Haus lag, in grosse Buendel zusammenzu fassen. Ich wollt wissen, wohin damit und fragte per Handzeichen, ob ich denn einen Blick hinter die Tuer wagen duerfte. Um nicht gar so unhoeflich zu erscheinen, warf ich mir auch einen Packen Stroh auf den Ruecken und trat ein. Im Hinterhof waren die Maenner dabei, diese Buendel zu einer Art "Pilz" aufzutuermen. Futter fuers Vieh. Das gesamte Haus war aus dunklem Holz und Lehm gebaut. Wunderschoen. Die kleinen Kinder freuten sich nen keks, dass eine weisse Frau ihnen ihr Stroh traegt.
Ein paar Schritte aufwaerts begannen die Newar-Haeuser. Die Newar sind ein urspruenglich sehr wuerdevoller Stamm aus dem Kathmandu-Tal, deren Haeuser durch schmucke Holzornamente (und ihre winzige Hoehe) hervorstechen. Traditioneller Weise transportieren Newar-Maenner ihre Waren in Koerben, die links und rechts an Bambusstangen baumeln, die sie im Nacken tragen. Die Sarees der Newar-Frauen weisen eine spezielle Faltung an der Front auf. Es heisst, im Kathmandu-Tal gaebe es noch immer Newar, die noch nie mit Geld in Kontakt gekommen seien, weil sie nur vom Tauschhandel leben! Im Uebrigen ist auch die Kumari Devi, eine lebende Goettin, die den Staatspraesidenten segnet, vom Newar-Stamm (empfehlenswerte Lektuere: 'From Goddess to Mortal', Scott Berry). Ich glaube, dieser Teil der Stadt gefaellt mir am Besten.
Wir streifen weiter so durch die Gassen, uns beiden gehen immer wieder die Augen ueber. Nach einem tee in einem Haus, das scheinbar gar kein Teehaus ist, wird uns auch ein Zimmer in diesem "hotel", das wohl auch gar keins ist, angeboten. Hoeflich lehnen wir ab und machen und auf den (langen) Weg zurueck insTouri-Viertel Lakeside.
Hungrig und sonnenverbrannt kommen wir heim, geniessen erneut daal bhaat und den Sonnenuntergang am See, in Vorfreude auf den morgigen Tag, unseren ersten Tag im Krankenhaus. Ich dneke, ich werde recht gut schlafen heute Nacht; behuetet vom kleinen Salamander, der sich in unser Zimmer geschlichen hat, werden meine mueden Knochen ruhen und mein Geist den Traeumen folgen, die der Rauch der Joints aus dem Zimmer nebenan ihm eingibt...